Freitag, 21. Juni 2013

The Purge - Die Säuberung

(The Purge)

oder:
Panzertape und Munition: An American Family Story

Ethan Hawke zeigte schon 2012 in Sinister, dass er den 'besorgten Familienvater' drauf hat. Diesmal dreht es sich zwar auch um Dämonen, aber eher um die inneren. Produzent Jason Blum hat vermehrt düstere Stoffe in seinem Portfolio. So stehen außer The Purge und Sinister auch noch Insidious, die Paranormal Activity – Reihe oder auch der Rob Zombie Streifen The Lords of Salem auf dem Konto des Produzenten. Er kennt sich also in der Materie aus. Dass Michael Bay und seine Platinum Dunes Co-Produzenten waren verwunderüberraschtstörte mich, denn – SPOILERALARM – es gibt weder Transformers noch irgendwelche reanimierten Horrorfranchiseleichen! Die besten Filmideen und Drehbücher entstehen aus einer einfachen Frage heraus: "Was wäre wenn...?" Was wäre wenn für einen Abend jegliches Gesetz aufgehoben wäre und der Mensch sich von angestauten Agressionen befreit - in brutalster Art und Weise, ohne dafür belangt zu werden? Ähm...wer war schon mal auf einer Studentenparty? Auf euren Wunsch hin habe ich mich in die gepurgeden Sitze meines Stammkinos begeben...


Story

2022. Die neuen Gründerväter der USA haben es geschafft die Arbeitslosigkeit auf 1% zu senken (ein Traum!) und die Kriminalitätsraten auf einen Rekordstand zu drücken. Wie? Einmal im Jahr machen alle zuständigen Behörden für 12 Stunden die Augen zu. Der ganze wütende Pöbel darf mal ordentlich die Sau rauslassen und purged sich gegenseitig auf die Fresse, dass es Wirtschaftswunder hagelt. Familie Sandin wähnt sich sicher in Ihrem Heim, ist doch Oberhaupt James (Ethan Hawke) Vertreter für Sicherheitstechnik. Spätestens aber als der Sohn einen obdachlosen, gehetzt wirkenden jungen Mann (natürlich schwarz, wir sind in Amerika!) ins Haus lässt, ist es aus mit der Ruhe. Ein purgendes Pack gewaltbereiter Purger ist gekommen um den "obdachlosen Penner" zu purgen. Purge!


Review

The Purge ist ein Indifilm. Nicht nur das schmale Budget, sondern auch die daraus resultierende Neigung eine besonders lange Exposition angedeihen zu lassen sind typisch Independentfilme. Denn vor allem bedeutet eine lange Exposition in diesem Fall kostengünstig zu produzieren. Kaum Spezialeffekte, keine Action. Lange Einstellungen. Man kann mit gutem Willen auch sagen, der Regisseur nehme sich Zeit um seine Figuren einzuführen, realistischerweise kann man aber auch einfach sagen: 65 Minuten sind zu kurz für einen Featurefilm und ausschweifende Gespräche über Kekse sind einfach billiger! Kameramann Jacques Jouffret fotografiert aber auch diese gekonnt aus der Hand. "Stative sind was für Pussies" dachte sich Regisseur James DeMonaco sicherlich, anders lässt sich die Kameraführung, welche tatsächlich auf Stativ zu verzichten scheint, nicht erklären. Wer jetzt aber den inflationären Einsatz von Schärfenverlagerung angeordnet hat, lässt sich rückwirkend schwer klären. Aber dieser Effekt gesellt sich zu einer Reihe anderer Stilmittel, welche schamlos nach Schema F verbraten werden um dem Zuschauer ein Juchzen zu entlocken. Absolute Stille vor Schockmomenten, Schärfenverlagerung mit "Oops, da steht wer da hinten!"-Auflösung und Schüsse aus dem Hinterhalt sind alles Sachen die schon einmal da waren. Aber wer heutzutage das Kino, insbesondere das Genrekino, neu erfunden haben will – sollte sich auf eine Durststrecke gefasst machen. Dass die Medien The Purge auch permanent als Horrorfilm verbraten wollen, ist leidlicherweise auch nur Teil der Geldmaschinerie namens Hollywood. Vielmehr bietet sich hier ein leicht verdaulicher Home Invasion Thriller. Der Fakt, dass er dabei nun zehn Jahre in der Zukunft spielt ist mehr verspielter Killefitz des Autoren als wirklich ein Grund den Film auch noch als Sci-Fi (ja, wurde er!) zu deklarieren. Wie so oft wurde das Genre beworben was als profitabelstes angesehen wurde. Dass der Film Plotlöcher und unnachvollziehbare Handlungssprünge der Protagonisten hat ist zwar ärgerlich, stört bei dieser mageren Story aber weniger als man denkt. Wer sich im Metier ein wenig auskennt wird nach 10 Minuten bemerkt haben, dass er sich entspannt zurücklehnen kann und nicht allzuviel grübeln muss. Weniger subtil vermittelt der Film seine Botschaft und bietet ein Spiegelbild der amerikanischen Mittelschicht auf dem Silbertablett...ähm...UND Panzertape...UND Heinz Ketchup...UND "bor` Ihm den Brieföffner in die Wunde Schatz!"


Fazit

Interessante Idee meets flache Figurenzeichnung und unausgegorenes Drehbuch, serviert dafür aber ab der zweiten Hälfte durchaus annehmbare Schauwerte, nette Catchphrases und die Gewissheit, dass Gewalt keine Lösung ist...sondern eine Säuberung!

Kein Splatter. Kein Horror. Mehr eine wenige subtile Gewaltsatire auf Kapitalismus und Politik. 

In diesem Sinne,
durchdiestraßenschwadronierendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Purge...ähm Film

Euer Robert


Trailer

The Purge – Die Säuberung
85 Minuten
FSK 16
USA, 2013
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